Lebensgemeinschaft im Konkubinat? Vor- und Nachteile aus Sicht der Sozialversicherungen

Ursula Heri
Ursula Heri
Director
Lebensgemeinschaft im Konkubinat? Vor- und Nachteile aus Sicht der Sozialversicherungen

Entscheiden sich Paare für das Zusammenleben im Konkubinat, geniessen sie nicht den gleichen sozialen oder juristischen Schutz wie verheiratete Paare oder Paare in eingetragener Partnerschaft. Sind Kinder vorhanden und reduziert ein Partner oder eine Partnerin das Arbeitspensum, um sich vermehrt der Erziehung der Kinder zu widmen, empfiehlt es sich, zu Lebzeiten Vorkehrungen zur finanziellen Absicherung zu treffen und auch Fragen zur Berechtigung der Personensorge zu klären.

Entscheiden sich Paare für das Zusammenleben im Konkubinat, geniessen sie nicht den gleichen sozialen oder juristischen Schutz wie verheiratete Paare oder Paare in eingetragener Partnerschaft. Sind Kinder vorhanden und reduziert ein Partner oder eine Partnerin das Arbeitspensum, um sich vermehrt der Erziehung der Kinder zu widmen, empfiehlt es sich, zu Lebzeiten Vorkehrungen zur finanziellen Absicherung zu treffen und auch Fragen zur Berechtigung der Personensorge zu klären.

 

In unserem  Blogpost "Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung - Basis für ihre Selbstbestimmung"  haben wir aufgezeigt, dass es insbesondere in der Personensorge ratsam ist, frühzeitig die wichtigen Fragen des Lebens zu beantworten. Dabei wird geklärt, wer rechtlich in der Lage ist, den persönlichen Willen durchzusetzen, wenn man es selbst nicht mehr kann.

Damit einhergehend stellt sich die Frage, wie die Existenzgrundlage für die Familie im Todesfall sichergestellt werden kann. Welche Leistungen bietet das Auffangnetz der Sozialversicherungen zur finanziellen Absicherung für den überlebenden Ehegatten oder den eingetragenen Partner? In diesem Zivilstand sind die Leistungen für die Begünstigten gemäss geltenden gesetzlichen Bestimmungen der Sozialversicherungen geregelt. [BS1] Wie ist die Situation jedoch in Lebensgemeinschaften ohne Trauschein, also bei Konkubinatspaaren?

  • Bietet das Gesetz genügend oder überhaupt Sicherheit für Lebensgemeinschaften im Konkubinat?
  • Wie ist die Situation, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind?
  • Was muss ich dazu beitragen, dass meine Familie oder mein Lebenspartner / die Lebenspartnerin in solchen Fällen in den Genuss von Versicherungsleistungen kommt oder genügend finanziell abgesichert ist?

Die nachfolgenden Ausführungen gehen auf die verschiedenen gesetzlichen Sozialversicherungsleistungen ein, insbesondere auf jene, die im Todesfall eintreffen, welche sich für Ehepaare und speziell Konkubinatspaare ergeben und weisen auf potenzielle Lücken hin.

 

Alters- und Hinterlassenenversicherung, AHV

Ehepartner und eingetragene Partnerschaften

Der Anspruch auf Witwen- und Witwerrente ist in  Artikel 23 AHVG  geregelt.  Art. 25 AHVG  regelt den Anspruch auf Waisenrenten. In der AHV wird der eingetragene Partner/ die Partnerin einem Witwer und nicht einer Witwe gleichgestellt. Der überlebende Partner / die Partnerin erhält demnach lediglich eine Rente, wenn zum Zeitpunkt der Verwitwung Kinder vorhanden sind. Der Anspruch auf Witwerrente erlischt, sobald das letzte Kind des Witwers das 18. Altersjahr erreicht hat  Art. 24 Abs. 2 AHVG . Im Gegensatz dazu erhält die Witwe eine lebenslange Witwenrente, vorbehältlich der Wiederheirat sowie der besonderen Bestimmung in  Art. 24 AHVG

Erhalten Konkubinatspaare auch Hinterlassenen-Renten der AHV?

Die Alters- und Hinterlassenenversicherung kennt noch keine Rentenzahlungen für hinterbliebene Konkubinatspartnerinnen und -partner. Sind im Konkubinat gemeinsame Kinder vorhanden, kommen diese in den Genuss von Waisenrenten nach  Art. 37 AHVG . Die Rente bei Ehepaaren sowie bei eingetragenen Partnerschaften ist auf das Anderthalbfache der Maximalrente plafoniert, aktuell CHF 3'555. Konkubinatspaare im Gegensatz dazu, erhalten zwei Einzelrenten, basierend auf dem individuellen Einkommen, von aktuell maximal CHF 2'370. Hier sind Konkubinatspartner also gegenüber den Ehepaaren bevorteilt.

 

Was empfehlen wir?

  • Abschluss von Zusatzversicherungen wie Lebensversicherungen oder Todesfallversicherungen prüfen
  • Prüfen, ob die Weiterführung der Erwerbstätigkeit beider Elternteile trotz Kinder weiterhin möglich ist, allenfalls mit einem reduzierten Pensum

 

Berufliche Vorsorge BVG (Pensionskasse)

Wohin fliesst mein angespartes Freizügigkeitsguthaben im Falle meines Ablebens?

Ehepaare und eingetragene Partnerschaften

Im Obligatorium der Beruflichen Vorsorge (BVG) regelt  Art. 19 BVG  die Ansprüche der überlebenden Ehegattin oder des überlebenden Ehegatten, welche gemäss  Art. 19a BVG  auch für den überlebenden eingetragenen Partner oder eingetragene Partnerin gelten.

Welche finanzielle Absicherung geniessen Konkubinatspaare?

Besteht eine gesetzlich verankerte Leistungspflicht für Lebensgemeinschaften im Konkubinat? Art. 20a BVG  regelt die Reihenfolge der im erweiterten Kreis zu dem Ehepartner, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner begünstigten Personen.

Während für Ehepaare oder eingetragene Partnerschaften also gesetzlich vordefinierte Leistungen vorgesehen sind, muss man die Begünstigung für den Konkubinatspartner oder die -partnerin proaktiv angehen.

 

Was empfehlen wir?

  • Das Vorsorgereglement des aktuellen Arbeitgebers prüfen
    • Welches sind die möglichen Leistungen an den Konkubinatspartner / die -partnerin?
    • Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
       
  • Die begünstigte Person bestimmen
    • Begünstigtenerklärung unterzeichnen und der Pensionskasse melden
    • Dies ist bei jedem Arbeitgeberwechsel erneut vorzunehmen
    • Änderungen in der Partnerschaft und somit Wechsel des/r Begünstigten sind der Vorsorgeeinrichtung ebenfalls mitzuteilen
       
  • Option des Kapitalbezugs prüfen
    • Der Konkubinatspartner / die -partnerin ist im Falle des Ablebens unter Umständen nicht rentenberechtigt. Die Bestimmungen dazu finden sich wiederum im Vorsorgereglement
    • Umfassende Finanzplanung vor Eintritt des Pensionsalters (idealerweise vor Alter 55, da sonst kaum mehr Zeit für die Bildung erforderlicher Ersparnisse verbleibt)

 

Betriebs- und Nichtbetriebsunfallversicherung

Ehepaare und eingetragene Partnerschaften

Im Todesfall erhält der überlebende Ehegatte / die überlebende Ehegattin oder der eingetragene Partner / die eingetragene Partnerin eine Rente oder Abfindung gemäss  UVG Art. 28  und  Art. 29 UVG . Halbwaisen erhalten ebenfalls eine Rente, welche in  UVG Art. 30  definiert ist.

Welche finanzielle Absicherung haben Konkubinatspaare?

Es ist gesetzlich nicht vorgesehen, dass dem überlebenden Konkubinatspartner / der überlebenden -partnerin eine Rente ausbezahlt wird, auch dann nicht, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind. Die Kinder aus der Lebensgemeinschaft haben jedoch ebenfalls Anspruch auf eine Waisenrente gemäss  UVG Art. 30 .

 

Was empfehlen wir:

  • Abschluss von Zusatzversicherungen / Lebensversicherungen prüfen

 

Fazit

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass es bei Konkubinatspaaren abzuklären gilt, wie der Lebensunterhalt bei Ableben des Lebenspartners oder der -partnerin gewährleistet werden kann. Dies ist unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Erwerbssituation beider Konkubinatspartner durchzuführen. Waren beide Konkubinatspartner voll berufstätig, ergeben sich in den wenigsten Fällen finanzielle Probleme, da beide Partner individuell der AHV, der Beruflichen Vorsorge sowie der Unfallversicherung unterstellt und finanziell unabhängig organisiert sind.

Sind die Möglichkeiten gegeben, den Partner oder die Partnerin wie in der Beruflichen Vorsorge zu begünstigen und besteht die Absicht dazu, sollte man dies rechtzeitig vornehmen. Empfehlenswert ist die umfassende Regelung der individuellen Wünsche mit entsprechender Kongruenz zwischen Vorsorgeauftrag, Konkubinatsvertrag und Testament. Die Verträge sind handschriftlich gültig. Je nach Komplexität empfehlen wir jedoch den Beizug eines Notars für juristische Beratung und Beurkundung. Sind Kinder vorhanden und der überlebende Partner oder die überlebende Partnerin arbeitet lediglich in einem Teilzeitpensum, sind zusätzliche finanzielle Vorsorgemassnahmen wie z.B. der Abschluss einer Lebensversicherung oder Todesfallversicherung empfehlenswert.

Wünschen Sie Beratung zu den oben aufgeführten Themen zur Versicherungsabdeckung, zu steuerlichen Aspekten oder rechtlichen Fragen? Unsere multidisziplinären Teams aus den Bereichen Treuhand, Recht und Steuern sind gerne für Sie da.