Finanz und Wirtschaft (FuW): Unternehmensstruktur ist entscheidend

Verena Muringaseril
Verena Muringaseril
Senior Manager
Olivier Weber
Olivier Weber
Partner
Finanz und Wirtschaft (FuW): Unternehmensstruktur ist entscheidend

IMMOBILIEN: Investoren müssen sich entscheiden, wie sie ihre Kapitalanlageliegenschaften halten wollen. Das hat je nach Kanton vor allem steuerlich unterschiedliche Konsequenzen. Was beim Aufbau eines Immobilienportfolios noch zu beachten ist.

Neue erworbene Kapitalanlageliegenschaften werden in der Regel durch Gesellschaften gehalten, da das Abschreibungspotenzial steueroptimierend genutzt werden kann. Den Investoren stellt sich hierbei die Frage, ob sie pro (grössere) Liegenschaft jeweils eine separate Gesellschaft errichten oder ob sie alle Liegenschaften in einer einzigen Gesellschaft halten wollen. Auch sämtliche Zwischenformen sind denkbar, wie zum Beispiel, dass sämtliche Liegenschaften eines Kantons von einer Gesellschaft gehalten werden oder alle Liegenschaften einer Sprachregion. Eine Risikoabschottung ist nur bei der Errichtung mehrerer Gesellschaften gegeben, jedoch zum Preis von höheren Administrationskosten.

KANTONSÜBERGREIFEND
Auch sind Verluste von Gesellschaften nicht mit Gewinnen anderer Gesellschaften ein und derselben Investorengruppe verrechenbar, da die Schweiz keine Gruppenbesteuerung kennt. Werden Immobilien in mehreren Kantonen erworben und gehalten, erhöht auch sich der Aufwand für die Steuerberatung, weil die Mehrheit der Kantone den Gewinn aus der Veräusserung von Liegenschaften – den Grundstücksgewinn – mit der ordentlichen Gewinnsteuer erfasst (sogenanntes dualistisches System). Eine Minderheit der Kantone (ZH, BE, UR, SZ, NW, BS, BL, TI und JU) erhebt auf Grundstücksgewinne jedoch eine Sondersteuer (Grundstücksgewinnsteuer im sogenannten monistisches System). Auch werden laufende Gewinne aus Kapitalanlageliegenschaften den jeweiligen Kantonen objektmässig zur Besteuerung zugeteilt.

«Investoren werden durch mehrere kantonale Verfahren belastet.»

Diese interkantonale Steuerausscheidung bietet in der Praxis keine Schwierigkeiten, es sei denn, es werde mit einer der Liegenschaften kein Gewinn erwirtschaftet, was bei Ertragsausfällen zum Beispiel infolge von Renovationen vorkommt.

Diejenigen Kantone, die nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung steuerliche Verluste anderer Kantone übernehmen müssen, hinterfragen und überprüfen die von ihnen zu übernehmenden Verluste anderer Kantone. Dabei stellen sie insbesondere die Höhe der aktivierten Renovationskosten und die Kostenumlagen in Frage. Infolgedessen werden Investoren durch zum Teil mehrere kantonale Verfahren belastet, ohne dass sie daraus einen Vorteil ziehen können.

Dabei können Investoren nicht einmal von den kantonal unterschiedlich hohen Steuersätzen profitieren, weil steuerliche Betrachtungen beim Entscheid, wie, wann und wo renoviert wird, keine Rolle spielen, sondern aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen sind. Daher kann mit Renovationskosten auch keine Steueroptimierung im interkantonalen Verhältnis betrieben werden.

LINEARE ABSCHREIBUNG
Grössere Investoren beziehungsweise kotierte Immobiliengesellschaften dürften konsolidierungspflichtig sein und daher regelmässig ihren Jahresabschluss nach einem höheren Rechnungslegungsstandard abschliessen. Die eingangs erwähnte Steueroptimierung, die mit den in der Schweiz steuerlich zulässigen hohen Abschreibungssätzen erzielt werden kann, ist gemäss internationaler Rechnungslegung auf eine True-and-Fair-Betrachtungsweise zu korrigieren (Überleitung von OR zu IFRS).

In der internationalen Rechnungslegung wird für die lineare Abschreibung grundsätzlich die Nutzungsdauer einer Liegenschaft herangezogen, im Gegensatz zu den weitaus höheren von der Eidgenössischen Steuerverwaltung zugelassenen degressiven Abschreibungen. Investoren erhalten unter IFRS ein Bild, das der wirtschaftlichen Realität erheblich näher kommt, und profitieren zudem von einem zeitlichen Steueraufschub (Tax Deferral).

Letztlich ist beim Aufbau eines Immobilienportefeuilles die Unternehmensstruktur entscheidend, die parallel zum Portfolio aufzubauen ist. Einem administrativ einfachen und kostengünstigen Aufbau über nur eine Gesellschaft ist der Vorzug zu geben.

AM EINZELFALL BEURTEILEN
Der Aufbau über mehrere Gesellschaften hat demgegenüber den Vorteil der Risikotrennung und erleichtert die Steueradministration bei Investitionen in mehreren Kantonen mit unterschiedlichen Systemen hinsichtlich der Grundstücksgewinnsteuer. Ist die investierende Gruppe konsolidierungspflichtig, erhöht sich die Komplexität mit jeder weiteren Unternehmenseinheit.

Welche Unternehmensstruktur für den Aufbau eines Immobilienportfolios am sichersten und effizientesten ist, kann nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden. Die Unternehmensstruktur muss parallel zum Immobilienportfolio wachsen können, sich für die Art der Liegenschaften eignen und die kantonalen Gegebenheiten berücksichtigen sowie den Finanzierungsbedürfnissen gerecht werden.

Zum PDF des Artikels in der Finanz und Wirtschaft (FuW) vom 10.09.2022

Finanz & Wirtschaft, 10. September 2022